Zotero ist eine fantastische Literaturverwaltung. Bisher allerdings nur für Windows, Linux und den Mac. iPad-Nutzer:innen gingen leer aus. Jetzt gibt es eine Beta-Version für Apples Tablet und ich hab sie mir einmal angeschaut.
Bevor ich vor einigen Wochen auf eines der neuen M1 MacBooks Air umgestiegen bin, war mein mobiler Rechner der Wahl ein iPad Pro von 2017. Und für meinen Usecase war das auch eigentlich ziemlich perfekt. Als Sozialwissenschaftler lese ich verdammt viele Texte und notiere mir interessante Passagen. Und dafür gibt es nichts Besseres als das iPad. Aber natürlich gibt es Dinge, die sich darauf einfach nicht machen lassen. Literaturverwaltung gehörte lange dazu.
Zotero ist die Literaturverwaltung meiner Wahl. Das hat eine ganze Reihe an Gründen, einer der wichtigsten ist, dass es eine aktive Community um Zotero herum gibt, die so fantastische Plugins wie Zotfile entwickelt. Was man damit alles machen kann, habe ich ausführlich hier beschrieben. Außerdem ist es Open-Source-Software und hat keine kommerziellen Interessen[^1]. Das einzige Problem: es gab keine iOS App. Seit einiger Zeit existierte zwar eine Web-App, aber um diese zu nutzen, muss man natürlich online sein und ich arbeite auch einfach nicht so gern mit Webapps, wenn es sich vermeiden lässt.
Licht am Ende des Tunnels
Umso aufgeregter war ich, als ich eines Tages eine Einladung von Zotero im Posteingang hatte, um die Beta der neu entwickelten iPad-Version von Zotero zu testen. Endlich! Licht am Ende des Tunnels. Also schnell installiert und ausprobiert. Was lässt sich zur App sagen?
In erster Linie, dass es sich hier in etwa um das handelt, was man auch mit der Webversion bekommt: eine einfachere, aufgeräumte Version der Desktop-App, die weniger Features hat und eher eine Begleit-App ist, als etwas mit dem man wirklich arbeiten kann. Das ist schade, aber auch nicht sonderlich überraschend. Was lässt sich aber tun?
In erster Linie hat man die komplette eigene Bibliothek (oder auch mehrere) dabei. Auch auf geteilte Bibliotheken kann man zugreifen. Ich sehe dort all meine Einträge, kann nach ihnen suchen, kann Meta-Daten ändern, Notizen lesen und bearbeiten und auch auf angehängte PDFs zugreifen. Ebenso lassen sich neue Sammlungen anlegen oder Einträge, neue Notizen oder Dateien hinzufügen.
Das war’s.
Die Ernüchterung kam schnell
Jetzt zu den schlechten Nachrichten: Man kann mit Zotero auf dem iPad keine Literaturverzeichnisse erstellen. Und das finde ich schon sehr enttäuschend. Es bedeutet nämlich, dass Zotero fürs iPad keine vollwertige App ist. Nicht einmal beinahe. Es fehlt schließlich eine der wichtigsten Funktionen, die eine Literaturverwaltung haben kann. Irgendwann kommt schließlich der Punkt, an dem man ein Literaturverzeichnis haben möchte und dann ist man aufgeschmissen, wenn man nur mit einem iPad arbeiten möchte oder muss.
Der zweite große fehlende Komponente sind Plugins. Das überrascht mich nicht. iOS Apps sind nun mal keine offenen Programme, die man einfach so erweitern kann. Das gibt die gesamte Sicherheitsstrategie der Plattform nicht her, dafür ist es auch nicht gedacht. Von daher muss ich hier gar nicht viele Worte verlieren, da es nicht anders zu erwarten war.
Anders sieht das mit dem Erstellen von Literaturverzeichnissen aus. Ich kann natürlich nicht wissen, ob es aus technischen Gründen nicht möglich ist, so wirklich kann ich es aber nicht verstehen. Ich könnte mir zum Beispiel eine Lösung vorstellen, bei der aus ausgewählten Einträgen ein formatiertes Literaturverzeichnis erstellt wird, welches dann in die Zwischenablage kopiert wird, sodass man im nächsten Schritt beispielsweise zu Word oder Pages wechseln kann, um das Verzeichnis dort einzufügen. Sollte eigentlich machbar sein.
Auch kenne ich es von anderen Apps, dass man sich die Geräte-eigene Kamera zunutze macht, um Barcodes von Büchern zu scannen, um so automatisch Einträge hinzuzufügen. Leider ist auch das nicht dabei. Zumindest im Moment.
Fazit: ein Anfang, mehr nicht
Was lässt sich über Zotero für das iPad sagen? In erster Linie, dass man die eigenen Erwartungen herunterschrauben sollte. Auf der Habenseite hat die App, dass sie stabil läuft, gut aussieht und das was sie kann, verlässlich erledigt. In meiner bisherigen Nutzungszeit sind mir zumindest noch keine gravierenden Bugs begegnet.
Auf der anderen Seite ist Zotero für das iPad aktuell leider nur eine Begleitapp, die nicht annähernd an die Desktop-Versionen herankommt. Ich hoffe sehr, dass man sich zunächst mal auf ein reduziertes Feature-Set konzentrieren wollte, um dann Schritt für Schritt weitere Features hinzuzufügen. Mir ist klar, dass ich auf dem iPad keine Plugins bekommen werde, aber zumindest die Möglichkeit, ein Literaturverzeichnis zu erstellen, ist ein Muss. Es ist also ein kleiner Anfang und zumindest das Zeichen, dass aktiv an einer iOS-Version gearbeitet wird.
Wer auch einen Blick auf die Beta fürs iPad werfen will, kann sich hier für das Beta-Programm registrieren.
[^1]: Zotero wird von einem Team an der George Mason University und der Community entwickelt.
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