Der Online-Briefkasten: Caya

Wer es ernst meint mit dem papierlosen Arbeiten ist genervt von Briefpost. Anbieter wie Caya scannen deine Post, um sie dir digital online zugänglich zu machen. Ich habe den Service getestet.


In meinem Buch schreibe ich, dass jeder radikale Ansatz irgendwann an die Grenzen der eigenen Umwelt stößt. Ein völliger Verzicht auf Papier ist hier keine Ausnahme. Behörden, Universitäten und andere offizielle Institutionen kommunizieren nach wie vor zuverlässig über den Postweg und damit auf Papier. Für Menschen, die konsequent papierlos arbeiten wollen, oder auch einfach längere Zeit nicht an ihrer Meldeadresse wohnen, ist das ein großes Problem. Gäbe es doch nur eine Möglichkeit, Briefpost automatisiert scannen zu lassen, um sie dann digital zu erhalten…

Die gute Nachricht: Diese Möglichkeit gibt es. Sogar von der Deutschen Post selbst. Es existieren aber auch noch eine Reihe weiterer Anbieter. Einen davon, Caya*, konnte ich nun ausführlich testen.

Wie bekomme ich meine Briefe zu Caya?

Caya sitzt in Berlin und bietet die Digitalisierung von Briefpost an. Das Prinzip dahinter ist relativ einfach: Entweder man richtet bei der Deutschen Post einen Nachsendeauftrag ein, oder man gibt überall die Adresse von Cayas Postzentrum an. Die erste Variante hat den Vorteil, dass man sich um nichts weiter kümmern muss. Man kann sicher sein, dass sämtliche Post auch bei Caya ankommt und digitalisiert wird. Sehr angenehm für Endverbraucher*innen ist, dass Caya die Einrichtung eines Nachsendeauftrages auf Wunsch übernimmt. Eine entsprechende Möglichkeit ist beim Registrierungsprozess gegeben.

Weniger schön sind die Kosten für den Auftrag selbst. Diese werden von der Post selbst berechnet und betragen momentan 26,90€ für 12 Monate für Privatkundinnen und 49,90€ im Jahr für Geschäftskundinnen. Hier findet sich die vollständige Übersicht der Post. Man muss abwägen, was einem Bequemlichkeit wert ist.

Die kostenlose Alternative heißt Caya Postbox. Das ist ein kostenfreies Postfach direkt bei Caya. Hier ist die Sachlage direkt umgekehrt: Keine Kosten, dafür muss man die neue Postfachadresse selbst überall mitteilen und ändern. Nur wenn das Postfach angegeben ist, kann die Post auch an Caya gehen und dort digitalisiert werden.

Und hier kommen wir auch schon zum wirklich entscheidenden Punkt: die Digitalisierung. Wie ist die Qualität der Scans? Was kann ich damit anstellen? Was kostet das alles? Und vor allem: Wie geht Caya mit dem Briefgeheimnis um?

Sofortzugriff in der App

Workflow und Qualität sind klasse gelöst, das kann man nicht anders sagen. Sobald Post bei Caya ankommt und digitalisiert ist, kann man auch auf sie zugreifen. Entweder über das Webinterface, oder die Smartphone App. Digitalisierte Post bleibt laut Aussage von Caya aktuell unbegrenzt lange verfügbar, sogar dann, wenn man den Dienst kündigt. Die physischen Originale bleiben zunächst in einem Kurzzeitarchiv. „Kurzzeit“ ist dabei aber relativ, verbleibt die Post dort doch mehrere Monate. Das ist prinzipiell eine gute Sache, da Originale so schneller angefordert werden können, sollte man sie doch einmal benötigen. Für 5€ mehr im Monat kann Post auch dauerhaft in einem gesicherten Dokumentenarchiv in Brandenburg aufbewahrt werden.

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Das Webinterface

Die App gibt es sowohl für Android, als auch iOS und ist kostenlos. Ein kleiner Wermutstropfen ist, dass es momentan leider keine App fürs iPad gibt. Da ich unterwegs ausschließlich auf dem iPad arbeite, ist das schade. Natürlich kann ich die Web-Oberfläche nutzen, eine eigene App wäre aber das bessere Nutzungserlebnis. Auf meine Nachfrage hin ließ Caya mich allerdings wissen, dass man hierfür noch keine Timeline habe.

Dafür glänzt Caya in Sachen Scanqualität. Die ist nämlich hervorragend. Eine DPI-Zahl ist zwar nicht angegeben, die Dokumente sind aber perfekt lesbar und in Farbe. Hier habe ich absolut gar nichts zu beanstanden. Hinzu kommt, dass Dokumente standardmäßig per OCR durchsuchbar gemacht werden, was ein riesiger Vorteil ist. So kann direkt im Portal von Caya nach Stichworten, Adressen und Inhalten gesucht werden. Es werden nämlich nicht nur Betreffzeilen und Adressen durchsucht, sondern auch der komplette Brieftext. Möchte man nun einen Brief weiterverarbeiten, kann man ihn mit einem Klick herunterladen — die Durchsuchbarkeit bleibt erhalten.

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Die Dokumente haben eine sehr gute Scanqualität, sind in Farbe und durchsuchbar

Wettbewerbsfähige Preise

Der Service funktioniert also gut, aber was sind die Kosten? Der Single-Tarif für eine Person kostet 9,99€ im Monat und umfasst eine Postscan-Flatrate, das Kurzzeitarchiv, sowie Sammelsendungen der physischen Originale alle drei Monate. Für nur 2,99€ gibt es zudem den Minimalist-Tarif. Hier muss man auf Sammelsendungen verzichten, die Scanflatrate und das Kurzzeitarchiv sind aber im Tarif enthalten. Weitere Tarife für Familien und Geschäftskund*innen lassen sich hier finden.

Sollte man mal einen Brief im Original benötigen, kann man diesen anfordern und dann per Sofortversand zum Preis von 2,50€ zuzüglich Porto maximal fünf Dokumente erhalten. Haben Postsendungen mehr Zeit, kann man diese im Folgemonat bzw. alle drei Monate (abhängig vom Tarif) kostenlos als Sammelsendung erhalten. Eine Ausnahme bildet der Minimalist-Tarif, der keine Sammelsendungen umfasst. Hier besteht die einzige Möglichkeit im Sofortversand, wenn man Dokumente benötigt. Welcher Tarif besser geeignet ist, lässt sich nur im Einzelfall sagen. Falls man viele Briefe bekommt, die eh im Original vorliegen muss, kommt man mit dem Single-Tarif besser, zumal man hier noch das Langzeit-Archiv zubuchen kann. Benötigt man aber nur selten ein physisches Original, wird man wohl besser kommen, wenn man einfach ab und zu eine Sofortsendung für 2,50€ anfordert und ansonsten statt zehn nur drei Euro im Monat zahlt.

Wie hältst du’s mit dem Briefgeheimnis?

Guter Service, faire Preise. So weit, so gut. Bleibt noch die Gretchenfrage: Wie ist das mit dem Briefgeheimnis? Möchte ich meine Post wirklich in die Hand einer Firma geben? Das muss sicherlich jede*r für sich selbst entscheiden. Das ist letztlich eine Grundsatzentscheidung. Ich möchte aber ein paar Einblicke geben, die die Entscheidung möglicherweise erleichtern können.

Caya selbst schreibt hierzu, dass „ihre Post von unseren ausgebildeten Mitarbeitern in einem hochstandardisierten Prozess mittels modernster Technik maschinell geöffnet, gescannt und digitalisiert wird“. Ich habe nachgefragt, was das genau bedeutet, vor allem mit Blick auf das Öffnen und Wiederverschließen der Briefumschläge. Caya hat mir hierzu folgendes geantwortet:

“Unser Scanprozess umfasst nur sehr wenige manuelle Arbeitsschritte, die von wenigen, speziell geschulten und auf das Briefgeheimnis sowie den Datenschutz verpflichteten Menschen ausgeführt werden. Abgesehen von dem Aus- und Einpacken der Briefe werden alle Dokumente voll automatisch verarbeitet und anschließend archiviert. Hoch standardisiert bedeutet, dass jeder Brief immer absolut gleich behandelt wird, was aufgrund der großen Mengen, die wir täglich digitalisieren auch absolut unerlässlich ist.“

Ich persönlich würde es wohl so handhaben, dass ich Caya das Gros meiner Post anvertraue. Bei wirklich extrem vertraulichen Dokumenten würde ich schlicht auf eine Weiterleitung verzichten und die Post nach wie vor direkt an mich adressieren lassen. Das ist auch ein Grund, der für die Postbox und gegen einen pauschalen Nachsendeauftrag spricht.

Eine Grundsatzentscheidung steht an

Kann ich Caya also empfehlen? Ja. Der Service funktioniert gut und liefert eine sehr solide Qualität. Besonders gut gefallen hat mir, dass die Dokumente durchsuchbar sind und ohne Probleme heruntergeladen werden können. Caya versucht hier nicht, alles im eigenen walled garden zu belassen, das ist ein großes Plus. Solange Caya Dienstleister bleibt und nicht Plattform werden möchte, sehe ich das Ganze ziemlich positiv.

Ebenso positiv sehe ich die Preisgestaltung. Für drei Euro im Monat kann man wenig falsch machen und auch der Standard-Tarif für zehn Euro ist absolut wettbewerbsfähig. Die Post verlangt beispielsweise für ihren vergleichbaren Service E-Post  satte 24,99€ im Monat.

Natürlich bleibt eine Reihe von Fragezeichen, da bei Start-Ups nie klar ist, ob und wenn ja wie lange sie sich am Markt behaupten können. Caya besteht seit eineinhalb Jahren. Ob sie auch in fünf Jahren noch da sein werden, kann ich nicht beurteilen. Diese Unsicherheit ist aber bei jedem neuen Online-Service gegeben. Selbst Brachenriesen wie Google stampfen immer wieder Services ein. Mit dieser Unsicherheit muss man einfach leben. Und zuletzt muss man natürlich die Grundsatzentscheidung treffen, ob einem der Zugewinn an Komfort eine Einschränkung des Briefgeheimnisses wert ist.

Ich persönlich werde das Angebot von Caya wohl weiterhin nutzen und so dem Ideal des vollständig papierlosen Büros noch näher kommen.

Hinweis: Caya hat mich kontaktiert und mir einen gratis Testaccount zur Verfügung gestellt. Sie haben an keiner Stelle Einfluss auf meine Meinung genommen. Links, die mit einem Stern * gekennzeichnet sind, sind Affiliate-Links. Bei einem Kauf profitiere ich durch eine kleine Provision, ohne dass das Produkt für euch teurer wird. Somit ist es eine wunderbare Möglichkeit, meine Arbeit zu unterstützen.

2 Kommentare

  1. Hi Jan,
    das ist wirklich spannend was du schreibst. Für mich ist das leider nix. Es ist zwar recht komfortabel, aber ich gehe einfach gern an den Briefkasten und sehe nach, was das so drin ist für mich.
    Eine Frage habe ich da noch: Wie machst du das mit der Wahlbenachrichtigung – kommt die in 3 Monaten zu dir? Oder brauchst du die gar nicht mehr zum Wählen (peinlich, müsste ich wissen, bin aber uach gerade zu faul, um zum Kühlschrank zu gehen, da hängt meine eigene…)?
    Danke fürs Testen.

    1. Hallo (sorry für die späte Antwort! 😬), also für die Wahlunterlagen werden ja die Melderegister genutzt, wenn mich nicht alles täuscht?! Und da kann ich ja eh keine andere Adresse angeben, ich müsste also einen Nachsendeauftrag nutzen – was ich nicht will, weil es mir zu teuer ist. Das kommt also auf jeden Fall physisch zu mir. Aber mal angenommen es wäre nicht so, könnte ich den Brief ja anfordern und mir zuschicken lassen. Ich glaube aber, dass man die gar nicht benötigt. Ein Personalausweis sollte reichen. Mit geht’s allerdings schneller und ist für alle Beteiligten einfacher.

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