Literaturrecherche per Google Scholar oder Bibliothekskatalog? đŸ‘„

FĂŒr jede universitĂ€re Arbeit – Seminar-, Haus- oder Abschlussarbeit – braucht es Literatur. Literaturrecherche ist der Weg, sie zu finden. Doch die kann unterschiedlich aussehen. Zwei grundsĂ€tzlich verschiedene AnsĂ€tze sind die Nutzung von Google Scholar und die von Bibliothekskatalogen und Datenbanken.

Ein Gastbeitrag von Heike Baller

Literaturrecherche mit Google Scholar

Google Scholar bietet eine bequeme Form der Literaturrecherche. In Aufbau und Optik Ă€hnlich wie die meist genutzte Suchmaschine der Welt, ist Google Scholar vertraut. Außerdem bietet diese Spezialsuchmaschine einige Dinge, die den Zugang zur Literatur erst einmal erleichtern; z. B. in der rechten Spalte den Hinweis auf Volltexte. Doch wer da klickt, erlebt oft eine EnttĂ€uschung: Es sind Verlagsseiten, bei denen man den Artikel kaufen kann.

Hybridsuchmaschine

Google Scholar ist eine Hybridsuchmaschine: Aufgrund von VertrÀgen mit Wissenschaftsverlagen hat die Suchmaschine Zugriff auf Daten aktueller Publikationen. Ob Sie darauf zugreifen können, hÀngt davon ab,

  • ob der Verlag open access praktiziert
  • die Bibliothek Ihrer Wahl die Zeitschrift lizenziert hat – in diesem Falle können Sie entweder in der Bibliothek selbst oder per VPN-Client darauf zugreifen.

Suchmaschine bleibt Suchmaschine

Google Scholar ist eine Spezialsuchmaschine. Sie berĂŒcksichtigt URLs mit Hochschulbezug und ist darauf trainiert, bestimmte Dokumentarten zu erkennen und auszulesen. Ein wichtiger Bestandteil wissenschaftlicher Literatur ist das Literaturverzeichnis Diese bestimmte Struktur – Auflistung von Namen und Titeln, um es verkĂŒrzt auszudrĂŒcken – kann die Suchmaschine erkennen und auslesen. So wird der aktuelle Text als „wissenschaftlich“ erkannt und in den Index gepackt.

Doch gibt es keine systematische Erschließung der durchsuchbaren Quellen – das geht ja bei der Masse auch gar nicht. Damit ist jedes Suchergebnis immer ein bisschen ein Zufallstreffer. Bei Suchmaschinen spielen ja noch andere Aspekte eine Rolle, als die treffenden Suchbegriffe zu verwenden. Zum Beispiel Ihre eigene Suchhistorie. Und die aller anderen. Suchmaschinen bringen die Treffer nach oben, die oft angeklickt werden. Damit kommen – trotz der VerlagseinkĂ€ufe – oft Ă€ltere Titel unter die ersten fĂŒnf. Einfach weil sie absolut gesehen hĂ€ufiger angeklickt wurden. Das liegt in der Natur der Sache.

Google Scholar ist geeignet, um einen ersten Eindruck zu einem Thema und der damit verbundenen Literatur zu bekommen. Sie können mit einer guten Strategie auch gute Ergebnisse erzielen:

  • Nutzen Sie Operatoren und Befehle in der Suchzeile, um möglichst prĂ€zise abzufragen
  • Klicken Sie „Patente“ einschließen“ und „Zitate einschließen“ weg, wenn Sie sie nicht unabdingbar benötigen – das macht die Ergebnisse ĂŒbersichtlicher
  • Filtern Sie in der linken Spalte nach Zeit
  • Mit filetype:pdf können Sie leichter Dokumente finden, die Sie direkt lesen können – aber das ist dann auf keinen Fall eine vollstĂ€ndige Recherche!

Literaturrecherche im Bibliothekskatalog oder in einer Datenbank

Der große Unterschied zu Suchmaschinen bei Datenbanken und Katalogen:
+ Die Inhalte werden systematisch erfasst
+ Die Inhalte werden erschlossen

Erst einmal kaufen Bibliotheken nicht „einfach so“. Die Erwerbung einzelner BĂŒcher und das Abonnement wissenschaftlicher Journale wird erwogen. Dabei spielen inhaltliche und qualitative Aspekte eine Rolle. (Das ist bei den Preisen fĂŒr wissenschaftliche Werke auch sinnvoll 
).

Ist der Titel dann angekommen, wird er erschlossen:
+ bibliographische Angaben (Urheber, Titel, Verlag, Jahr)
+ Schlagwörter – die werden heute oft schon von den Verlagen vorgeschlagen, aber Bibliothekarinnen und Bibliothekare passen das gern an die Bedingungen ihrer Bibliothek an)

Diese Informationen kommen in den Katalog (meist ein OPAC – online public accessable catalogue).

Und der Witz daran ist: Das finden Sie nicht mit einer Suchmaschine; auch nicht mit Google Scholar. Denn die Inhalte von Datenbanken gehören ins „Deep Web“. Das heißt, sie sind fĂŒr die Crawler der Suchmaschinen unsichtbar. Datenbanken aller Art machen einen Großteil des Deep Web aus – Suchmaschinen können Sie nur bis an den Eingang fĂŒhren.

Neben OPAC können Sie auch Datenbanken durchsuchen, deren Inhalte nach den gleichen Kriterien erschlossen werden. Es handelt sich dabei aber nicht um den Bestand einer bestimmten Bibliothek. Datenbanken verzeichnen im Gegensatz zu Katalogen auch AufsÀtze aus wissenschaftlichen Journals; im OPAC finden Sie meist nur den Hinweis, dass es eine bestimmte Zeitschrift im Bestand gibt.

FĂŒr eine vollstĂ€ndige Literaturrecherche sind Kataloge und Datenbanken unverzichtbar. GrundsĂ€tzlich gilt: Je besser Sie sich vorbereiten, desto besser lĂ€uft Ihre Recherche. Dazu benötigen Sie die passenden Suchbegriffe rund um Ihr Thema. Außerdem ist es sinnvoll, sich zu ĂŒberlegen, ob es sich dabei eher um ein Titelwort oder ein Schlagwort handelt. Die ach so bequeme Freitextsuche hat nĂ€mlich ihre TĂŒcken: Mit dem Suchbegriff „Specht“ rund um Holz und Holzschutz, kann es passieren, dass Sie nicht nur wie erwĂŒnscht Treffer rund um das Tier bekommen, sondern auch einen Autor mit Namen Specht, der sich in völlig anderem Zusammenhang mit Holz befasst – aus eigenem Erfahrungsschatz 😉.

Da die einzelnen Quellen unterschiedliche Schwerpunkte haben, sollten Sie mehrere Kataloge und Datenbanken durchsuchen. Ich könnte jetzt noch was zu Metakatalogen sagen, aber das sprengt den Rahmen 😉.

Zur Autorin:

Heike Baller arbeitet seit 1995 als freiberufliche Rechercheurin. Sie lehrt Internet- und Literaturrecherche an der UniversitĂ€t zu Köln und bietet Seminare zu den Themen rund um Recherche fĂŒr BildungstrĂ€ger und andere Institutionen an. Ihr liebster Satz in solchen Veranstaltungen: „Sie mögen es nicht glauben, aber mir macht das Spaß!“

Zu ihren Angeboten zĂ€hlen neben Seminaren auch 1-1.-Schulungen fĂŒr die, die fĂŒr die eigene Internet- oder Literaturrecherche UnterstĂŒtzung benötigen. Außerdem ĂŒbernimmt sie zeitaufwĂ€ndige Recherchen fĂŒr Firmen, Institutionen und Einzelpersonen. Alle Angebote: https://www.profi-wissen.de. In ihrem Blog finden Sie eine Reihe von BeitrĂ€gen rund um Recherche.

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Photo by JoĂŁo Silas on Unsplash

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